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Politik, Kultur, Jiddishkeit

Offener Brief an die Geschäftsführer des Muffatwerks bzgl. der Veranstaltung mit Jürgen Todenhöfer am 14. April

 

Sehr geehrter Herr Lupfer, sehr geehrter Herr Waggershauser,

für den 14. April 2019 laden Sie Jürgen Todenhöfer zu sich in die Muffathalle ein, um sein neues Buch „Die große Heuchelei. Wie Politik und Medien unsere Werte verraten“ vorzustellen. Angesichts der politischen Positionen und vergangener Handlungen und Äußerungen Todenhöfers steht zu erwarten, dass auf dieser Veranstaltung reaktionäre, rassistische und antisemitische Inhalte verbreitet werden. Daher fordern wir Sie dazu auf, die Veranstaltung abzusagen.

Zu den Aktivitäten Todenhöfers, die uns zu dieser Besorgnis und Forderung veranlassen, zählt insbesondere ein von inszeniertes Bild im Kontext des Gazakrieges 2014, das er verbreitet hat. Zu sehen ist eine Betonruine aus Gaza, in der sich Spielzeug befindet – das aufgrund seiner Unversehrtheit erst im Nachhinein hineingelegt worden sein muss. Suggeriert wird damit, Israel hätte bei einem Bombenangriff palästinensische Kinder getötet. Damit wird der von der antisemitischen Hamas kolportierte Ausspruch „Kindermörder Israel“ reproduziert und verbreitet. Nicht nur dass sich Todenhöfer als Journalist durch die Verbreitung einer derartigen Inszenierung völlig diskreditiert hat, macht er sich damit auch noch zum Propagandisten der Hamas, deren Ziel es ist, Israel zu vernichten. In einem Land wie Deutschland, in dem auch Anschläge auf Synagogen ausgeführt werden, die von den zuständigen Gerichten nicht als antisemitisch, sondern als überzogene Israelkritik gedeutet werden, sind es politische Agitator*innen wie Jürgen Todenhöfer, die durch ihren israelfeindlichen Aktivismus eine Stimmung erzeugen, die derartige Anschläge und Deutungen ermöglicht.

Zu erinnern ist auch, dass er Gaza als „Konzentrationslager“ bezeichnete (und Israel damit implizit mit dem Nationalsozialismus auf eine Stufe stellte) und behauptete, die Palästinenser*innen zahlten „den höchsten Preis für Deutschlands schwere Schuld gegenüber den Juden“. Völlig zu Recht kommentiert Martin Krauß, Politikredakteur der Jüdischen Allgemeinen, diesen Satz damit, dass Todenhöfer dadurch „gleich zwei antisemitische Evergreens in einem Satz untergebracht [hat]: den, wonach die Juden an ihrem Leid kassierten, und den von den Opfern, die zu Tätern geworden seien.“ Und in dem gemeinsam mit den Söhnen Mannheims verbreiteten Song „Nie mehr Krieg“ heißt es, Muslim*innen „tragen den neuen Judenstern“. Dadurch wird die nationalsozialistische Verfolgung von Jüdinnen*Juden, die in ihrer Vernichtung mündete, massiv relativiert: Trotz der massiven strukturellen Diskriminierung und der Bedrohung durch Rechtsradikale, der Muslim*innen ausgesetzt sind, werden sie weder staatlich oder gesetzlich zu Bürger*innen zweiter Klasse mit eigenem Erkennungszeichen gemacht, noch sind sie von einer Vernichtungspolitik bedroht.

Doch ist Antisemitismus nicht das einzige Problem im Zusammenhang mit Todenhöfers Agitation. Darüber hinaus empfahl er die Lektüre der NS-Rassentheoretikerin Sigrid Hunke, die auch in der Neuen Rechten breit rezipiert wird, und relativiert regelmäßig reaktionäre Machthaber und Organisationen wie Erdogan, Assad und den IS. Zu seiner Zeit als Rechtsaußen in der CDU in den 1980er Jahren sprach er zudem von „TV-Negern“ und „Scheinasylanten“, die er von deutschen Vertriebenen unterschied. Eine Distanzierung von diesen Aussagen seitens Todenhöfers ist uns nicht bekannt.

Kurzum: Bei Jürgen Todenhöfer handelt es sich um einen rechten Agitator, der reaktionäre, antisemitische und rassistische Inhalte in einem Duktus verbreitet, dass sie auch in breiteren gesellschaftlichen Schichten Anklang finden. Er darf dabei als Musterbeispiel eines Querfrontaktivisten gelten. Wir fordern Sie folglich dazu auf, die Veranstaltung mit ihm abzusagen.

Weitere Informationen zu Jürgen Todenhöfer finden Sie hier: https://lbga-muenchen.org/2019/03/27/zur-buchvorstellung-mit-juergen-todenhoefer-in-der-muffathalle-am-14-april-2019/

Mit freundlichen Grüßen,

das Linke Bündnis gegen Antisemitismus München (Grüne Jugend München, linksjugend [’solid] München, SJD – Die Falken München, Emanzipatorische Linke München, Antifaschismus-Referat der LMU)

VJSB – Verband Jüdischer Studenten in Bayern

Deutsch-Israelische Gesellschaft AG München

München, den 05. April 2019